Ungewöhnlich ist auch der Werdegang jenes Mannes, der mit sicherer Hand und scharfem Blick die Airbrush-Pistole führt. Knud Tiroch ist einer der besten Airbrush-Künstler Europas. Der gebürtige Wiener und gelernte Möbelrestaurator besuchte die Kunstakademie in Wien. Inspiriert von einem Airbrush-Artikel in einer Fachzeitung verließ er Anfang der 1980er Jahre Wien und ging in die Vereinigten Staaten, um in den Custompaint-Studios in Chicago diese noch junge Technik zu erlernen. Heute ist Knud Tiroch eine feste Größe in der heimischen Kunstszene und seine Motive zieren Formel 1-Autos, Flugzeuge, Hot Rods, LKWs, Großgemälde und Zeichnungen.
Mit seinen langjährigen Partnern, der Familie Melmer, teilt Knud nicht nur die Leidenschaft für viele Pferdestärken. Unzählige LKWs der Imster Autofrächterei hat der Airbrush-Künstler schon mit seinen unverkennbaren Motiven verziert. Das aktuelle Projekt ist eigentlich gar nicht so neu, wie Knud erklärt: „Schon auf dem Vorgänger-Zugfahrzeug, das mit einer Million Kilometer nun ausgedient hat, waren Rudolf Diesel und sein Dieselmotor das Thema. Auch auf der neuen Zugmaschine ist der Dieselmotor das Hauptthema, jedoch ergänzt um die Frage nach der Mobilität der Zukunft.“ Den Spagat zu gehen zwischen der künstlerischen Gestaltung auf der einen und dem Vermitteln der Botschaft auf der anderen Seite ist die Herausforderung, der sich Knud beim Entwickeln des Motivs stellen muss. „Zu plakativ darf es nicht sein, sonst geht die Kunst verloren. Der Betrachter muss beim Anblick bereits verstehen, um was es geht“, ist sich Knud sicher. Die Botschaft in diesem Fall ist klar. „Es geht um E-Fuel und die Mobilität der Zukunft. Synthetische Kraftstoffe auf Dieselbasis, die Co2-neutral und unter Verwendung von erneuerbaren Energien hergestellt werden können, sind die Zukunftstechnologie für den Nutzfahrzeugsektor“, ist Johann Haselwanter, Geschäftsführer des MAN-Stützpunkts in Imsterberg, überzeugt. „Auch wenn dieses Zugfahrzeug hier noch mit herkömmlichem Kraftstoff läuft – E-Fuel ist die Zukunft, sobald die Produktionstechnologie ausgereift ist. Und auf dem Fahrzeug zeigen wir die Geschichte des Dieselmotors bis hin zur Motorentechnologie der Zukunft.“
Die Verbindung von MAN und Rudolf Diesel ist keine zufällige. Der geniale Erfinder Diesel entwickelte gemeinsam mit der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (M.A.N.) und der Firma Friedrich Krupp in Essen die Verbrennungskraftmaschine, die später als Dieselmotor seinen Namen tragen sollte. 1892 meldete er das erste deutsche Hauptpatent auf seine entwickelte Technik an. So lange wie die Entwicklung des Dieselmotors dauert es zwar nicht, bis Knud einen kompletten LKW-Zug bemalt hat. Dennoch steckt viel Arbeit hinter dem, was später die Augen zahlloser Betrachter und Fans der Fahrzeuge freut. „Zunächst beginnt alles mit der Ausarbeitung des Themas und der Entwicklung des Motivs. Je nachdem, wie aufwändig und detailreich das Thema ist, kann das bereits einige volle Arbeitstage in Anspruch nehmen. Außerdem müssen die Anforderungen von allen Beteiligten – also Auftraggeber, Künstler, Hersteller, Marketingabteilungen – berücksichtigt werden“, erläutert er. Dann ist zuerst die Lackiererei gefordert, die das Fahrzeug vorbereitet. Also anschleifen, Teile grundieren und anpassen, bis Knud mit der Airbrush-Pistole loslegen kann. Als nächstes wird der Untergrund angefertigt. „Mit schwarzer und weißer Farbe gestalten wir die ganzen Einzelmotive, die dann das Thema ergeben. Danach erst spritzen wir lasierende Farben darüber, während der Untergrund erhalten bleibt. Wir färben also das vorher Gemalte nur ein bisschen ein“, beschreibt Knud seine Technik. Anschließend versiegelt die Lackiererei das gesamte Fahrzeug mit einem Klarlack, damit die kunstvollen Motive geschützt sind und lange ihren Glanz erhalten.
Und wann werden wir das neueste rollende Kunstwerk auf den Straßen sehen? Knud lacht: „Je nach dem, wie schnell die Firmen Schmarl und MAN arbeiten, ist es vielleicht schon in vierzehn Tagen soweit!“