26.07.2021

Interview mit Herbert Mandl (Teil 2)

Herbert Mandl ist 49 Jahre alt und fährt seit zwei Jahren als LKW-Fahrer für Silo Melmer. Der lebenslustige Kärntner hat bereits ein bewegtes Berufsleben hinter sich und war viele Jahre als Selbstständiger in verschiedenen Branchen – zuletzt in der Gastronomie – tätig. Was all die Jahre blieb, war die Leidenschaft für motorisierte Fahrzeuge und alles, was viel Pferdestärken hat. So war es logisch, dass Herbert irgendwann seinen Bubentraum wahrmachte und den LKW-Führerschein absolvierte. Als Frohnatur bereichert er das Silo Melmer-Team und steuert seinen 500 PS starken knallroten MAN-Truck im Pitztal-Design souverän über die Straßen. Wie er zu seinem Job gekommen ist, mit welchen Mitteln er den Herausforderungen des Berufs begegnet und warum das sein Traumjob ist, erzählt er uns in einem ausführlichen Interview. Wir haben Herbert zuhause in Ehrwald, wo er mit seiner Frau und den beiden Kindern lebt, getroffen.

Im zweiten Teil des Interviews gibt Herbert Mandl Einblicke in seinen Arbeitsalltag bei Silo Melmer und hat Tipps für Neueinsteiger in den Beruf parat. 

Erzähle mal, wie dein typischer Arbeitstag aussieht. Vom Aufwachen im LKW, bis in die Abendstunden hinein, wenn der Tag zu Ende geht.

An einem typischen Arbeitstag unter der Woche ist es so, dass ich am Abend üblicherweise meine letzte Fuhre abgeladen habe. Zum Beispiel Kalk in Augsburg. Der wird in ein Silo eingeblasen. Das muss mit extremer Sorgfalt gemacht werden, denn wir arbeiten ja auch mit gefährlichen Stoffen und auch mit Druck. Und auf dem Werksgelände stehen oft viele LKW nebeneinander, die das gleiche machen. Man muss also auch auf andere aufpassen und darauf achten, dass das Arbeitsmaterial passt und funktioniert. Dann baue ich ab, lasse den Druck ab und frage in der Firma nach, was der nächste Auftrag ist. Dann heißt es zum Beispiel: „Fahr nach Vils zurück und lade morgen das und das.“ Dann schaue ich, wie weit ich noch komme und suche mir dann einen Parkplatz oder Rastplatz, wo ich die Nacht verbringe. Ich mache mir dann einen leckeren Salat, damit ich meine Vitamine bekomme und vielleicht gehe ich noch eine Runde laufen. Am Wochenende laufe ich regelmäßig mit meiner Frau, die mich dazu motiviert, bis zu 21 Kilometer abzuleisten. Aber auch unter der Woche versuche ich das auch regelmäßig nach der Arbeit zu machen. Dann gehe ich duschen, lege mich hin, stelle mir den Wecker und schaue noch ein bisschen Fernsehen am Handy, bevor ich dann schlafen gehe. Am nächsten Tag in der Früh geht der Wecker, dann bereite ich alles vor und los geht’s zum nächsten Auftrag. Meist ist der auch irgendwo in der Nähe, weil ich in der Tiroler Gegend wohne. Dann lade ich das Produkt, Zement, Kalk, Mehle, Sand oder was halt irgendwo in Europa gebraucht wird. Wir fahren ja auch weite Strecken bis nach Norddeutschland. Das macht auch Spaß, aber ich bin natürlich auch froh, wenn ich Aufträge in der Nähe habe. Die Abwechslung macht es.

Was war ein besonderes Erlebnis, das du beim LKW-Fahren erlebt hast?

Ich habe keine besonderen Erlebnisse, vor allem keine negativen. Ich habe hauptsächlich positive Erlebnisse, weil ich das Ganze mit Freude mache. Ich sehe ja einen Haufen Leute und habe super Kollegen auf der Arbeit. Wir tauschen uns viel aus, das ist eine sehr hilfsbereite Firma mit sehr hilfsbereiten Kollegen. Das ist ja auch, was das ganze ausmacht und warum der Spaß viel größer ist, als bei einigen anderen Firmen. Auf der Straße passieren halt schon immer wieder mal extreme Sachen, weil einfach sehr viel los ist. Kürzlich bin ich auf ein Stauende zugefahren. Ich habe auf zweiter Spur noch mit 80 km/h fahren können, habe aber schon gesehen, dass da ein Stauende ist. Dann schießt an mir am Standstreifen ein BMW mit wahrscheinlich 200 km/h vorbei. Wenn ich da ausweichen muss, dann gibt es ein böses Ende. Das kommt immer wieder mal vor, wenn man viel auf der Straße unterwegs ist. Aber so richtig negative Erlebnisse gibt es eigentlich nicht.

LKW-Fahren ist ja ein Beruf, in dem man relativ viel sitzt. Wie hältst du dich fit und mental gesund?

Am LKW mache ich immer wieder mal ein paar Übungen dazwischen, um in Form zu bleiben. Zum Beispiel Klimmzüge.  Am Abend versuche ich oft noch ein bisschen zu laufen, zwei bis vier Kilometer, nicht zu weit. Am Wochenende laufe ich dann viel daheim, meist eine 21 Kilometerrunde, die brauche ich! Mountainbiken in den Bergen rundherum, bisschen Rennrad fahren, einfach rausgehen und die Natur genießen. Super ist es, wenn man eine Frau hat, die einen ein bisschen anspornt.   

Wie steht die Familie zu deinem Beruf?

Die Familie steht absolut immer schon hinter mir, sonst könnte ich das ehrlicherweise auch gar nicht machen. Meine Frau ist seit die Kinder auf der Welt sind immer alleinerziehend, das ist einfach so. Aber als ich selbstständig war, war ich noch weniger daheim als jetzt, vor allem in der Gastronomie. Und jetzt bin ich am Wochenende zuhause, das ist schon mal ein Riesenvorteil. Das Wochenende haben wir zu hundert Prozent. Von dem her ist das eine super Geschichte, aber wenn die Familie nicht voll dahinterstehen würde, wäre es nicht machbar, die ganze Woche weg zu sein. Man braucht schone eine gute Partnerin in der Hinterhand, die sich um alles kümmert, was die Familie betrifft.

Was beförderst du eigentlich in deinem LKW?

Hauptsächlich befördere ich Kalk, weil ich einen großen Silo habe, einen 60 Kubikmeter-Silo. Ich befördere also viel Kalk für die Kalk-Werke. Ansonsten befördere ich noch Zement oder Sand mit verschiedenen Körnungen. Im Winter befördere ich ganz viel Salz für die Salzsilos an den Straßen. Da fahre ich dann in die Berge hoch, auch ins Pitztal. Das macht eigentlich am meisten Spaß, weil das mag ich total gern. Ich mag diese kleinen Landstraßen, die kleinen Bergstraßen, das ist mein Ding. Mit dem großen Fahrzeug ist das eine Herausforderung und genau das gefällt mir. Da ist auch ein bisschen Nervenkitzel dabei, überhaupt wenn es frisch geschneit hat.

Viele machen sich ja über den Sinn ihres Berufs und ihrer täglichen Arbeit Gedanken. Wie ist es bei dir? Denkst du darüber nach, was du täglich durch die Gegend transportierst und für was das gut ist?

Absolut. Ich stehe voll hinter meiner Arbeit. Der Sinn der ganzen Geschichte ist, dass ich viel bewirke mit dem, was ich mache. Wir transportieren Material für die Salzsilos, damit die Straßen und Autobahnen funktionieren. Oder wir fahren Zement, damit die Häuser gebaut werden und damit dann Träume wahr werden. Wenn jemand ein Haus bauen will, ist ohne Zement nichts los! Der Sinn dieses Berufes ist, dass man extrem viel bewegt und was weiterbringt. 

Findest du, dass das manchmal zu wenig wertgeschätzt wird?

Absolut, es wird weniger wertgeschätzt, als es vielleicht noch vor Jahren war. Der Beruf des LKW-Fahrers ist ja auch ein wenig verschrien. Das liegt aber auch an den Fahrern selbst. Die Branche ist sicher zum Teil eine schnelle und hetzerische Branche geworden. Es gibt Firmen, die sich negativ beim Kunden aufführen. LKW-Fahrer heute ist sicher nicht mehr so, wie es noch vor Jahren war. Wenn man sieht, was heute auf der Straße los ist und von wo die Leute überhaupt herkommen. Unsere Firma zeichnet ein freundliches, pünktliches Auftreten aus und dass unser Arbeitsplatz sauber hinterlassen wird. Das schätzen unsere Kunden und damit stechen wir auch aus der Masse heraus! 

Abschließend: Hast du noch einen Tipp für jemanden, der überlegt als LKW-Fahrer zu arbeiten? Was würdest du ihm empfehlen?

Also es ist definitiv ein schöner Beruf, ein abwechslungsreicher Beruf. Aber man muss definitiv hinter der Sache stehen, die man macht. Wenn ich nicht hundertprozentig hinter den Dingen stehe, die ich mache, dann kann ich sie nicht gut ausführen. Ich muss hinter meiner Firma stehen, aber natürlich auch das Glück haben eine Firma zu finden, die einigermaßen zu mir passt. Das ist schon sehr wichtig. Vor allem wenn man als Neuankömmling startet und gleich nur Druck bekommt, dann macht es nicht lange Spaß. Dass man schöne Autos kriegt, dass man wertgeschätzt wird, dass man sich mit den Kollegen und der Disposition gut unterhalten kann – das sind alles wichtig Dinge. Auch wenn man mal schlechte Tage hat, ist es toll, wenn man in der Firma anruft und Ansprechpartner hat, die einen unterstützen. Und vor allem aber muss ich selbst auch die Freude mitbringen und überzeugt von der Sache sein. Ich kann jedem nur empfehlen, es auszuprobieren, wenn er Lust hat und Spaß hat am Fahren. Das ist für mich einer der wenigen schönen Berufe, die es gibt. Auch wenn er heute hart umkämpft ist, ist es ein Beruf, der irrsinnig Spaß machen kann.